Gourmetküche

4 Wildkräuter der Spitzengastronomie

Blüte Mädesüß III

Immer mehr Spitzenköche verwenden Wildkräuter in ihren Gerichten, um den Gästen einen besonderen Geschmackserlebnis zu ermöglichen. Das zarte Aroma verleihen den Speisen eine besondere Note. So serviert Niels Henkel, das blühende Mädesüß. Es ist so süß wie Mandeln und Honig zusammen. Er kombiniert die winzigen Blüten mit Erdbeeren und Frischkäse. Vogelmiere und Schafgarbe zählen auch zu seinen Lieblingskräutern.

Johannes King, Patron im Zwei-Sterne-Restaurant „Söl’ring Hof“ auf Sylt bringt ebenfalls Wildkräuter auf die Teller: Salzmiere und Sauerampfer seien bei ihm Begleiter für Herzkirschen, dunkle Schokolade und Karamell. Wildkräuter sind nicht nur ein Trend in der Küche, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil der Spitzengastronomie geworden. In diesem Artikel stelle ich dir vier wertvolle Wildkräuter vor, die ganz einfach zu finden sind.

1. Dost (Origanum vulgare)

Der Dost lässt sich fast überall in Trockenwiesen, an Wegen oder an Waldrändern finden. Er wächst besonders gerne an sonnigen Standorten. Dabei kann die Pflanze bis zu 60 cm hoch wachsen. Viele kennen den Dost auch als wilden Majoran. Das Aroma ist zwar etwas schwächer, als die gezüchtete Gartenpflanze, steht ihm aber nichts nach.

Dost wächst in vielen Wiesen und an sonnigen Standorten

Blütenpracht & aromatischer Duft

Die Blätter der Pflanze sind länglich, schmal und beidseitig behaart. Sie laufen spitz aus. Beim zerreiben der Blätter entfaltet sich ein würzig-holziger Duft. Der Geschmack ist an heißen, sonnigen Tagen und während der Blüte am intensivsten. Das ist auch der beste Zeitpunkt für die Ernte. Ab Juni beginnt der Dost in hellem bis dunklem violett zu blühen. Die Blüten stehen dabei sehr dicht zusammen (halbkugeligen Blütenstand) und locken mit ihrem süßen Duft unterschiedliche Insekten an. Die Blüten bestehen aus Ober- und Unterlippe, was ganz typisch für Lippenblütengewächse ist.

Gewürzpflanze in der Küche

Dost

Früher fand die Pflanze als Gewürz im Mittelmeerraum eine sehr große Bedeutung. Die Blüten und Blätter der Wildpflanze können dabei frisch oder getrocknet verwendet werden. In der Küche wird der Dost als Gewürz für mediterrane Gerichte wie Pizza, Kartoffeln, Nudeln und für Soßen verwendet. Doch Vorsicht, denn gekocht verliert das Wildkraut sehr viel von seinem wertvollen Aroma! Der Dost lässt sich auch roh in Quark, Butter oder eingelegt mit Ziegenkäse genießen. Eine besonders köstliche Kombination mit Dost sind Tomaten, Mozzarella und Kürbiskernöl. Für den Winter kannst du die Blüten und Blätter auch trocknen und unzerkleinert in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahren.

Wildkräuter

Starkoch Rezept von Hannes Müller

Hannes Müller vom Genießerhotel die Forelle: Biohendlbrust, Saubohne, Erbse, Dost, Frischkäse

Die enthaltenen Gerb- und Bitterstoffe regen den Appetit an.

Schafgarbe und Dost

2. Mädesüß (Filipendula ulmaria)

Das Echte Mädesüß ist eine altbewährte Heilpflanze und gehört zur Familie der Rosengewächse. Sie ist auch unter dem Namen Spierkraut bekannt. Die Staude kann bis zu zwei Meter hoch werden und wächst besonders gerne an Bachläufen, feuchten Wiesen und an Waldrändern. Die zahlreichen, cremfarbenen Blüten befinden sich in rispigen Blütenständen. Sie duften süßlich nach Honig. Das Mädesüß besitzt fein gesägte Blätter, die sich wechselständig anordnen. Während die Unterseite der Blätter eine filzige Behaarung aufweist, sind die Blätter an der Oberseite dunkelgrün und kahl. Zu den Inhaltsstoffen der Pflanze zählen u.a. ätherische Öle (Salicylaldehyd), Gerbstoffe, Schleimstoffe, Flavonoide und Phenylglykoside. 2016 wurde erstmals in einer offiziellen Studie der entzündungshemmende Wirkstoff der Pflanze nachgewiesen.

Mädesüß

Der Apotheker Felix Hoffmann gewann im Jahr 1897 erstmals aus der Salicylsäure, die in der Pflanze vorhanden ist, Acetylsalicylsäure – ein seit über hundert Jahren angewandtes und heute noch weit verbreitetes Schmerzmittel. Das ist derselbe Wirkstoff, der chemisch in Aspirin enthalten ist.

Mandelsüße in der Küche

Es können sowohl die Blüten als auch das Kraut der Pflanze verwendet werden. Das kräftige, honig-mandelartige Aroma der Blüten eignet sich hervorragend zum Aromatisieren von Süßspeisen. Hierzu werden die Blüten mindestens 8 Stunden in Wasser, Milch, Sahne, Wein oder Getreidedrinks gelegt und dann für die Zubereitung weiterverarbeitet. Auch als Aufguss für Kräuterteemischungen eignen sich die Blüten besonders. Bei Kopfschmerzen und Migräne, aber auch bei anderen Schmerzzuständen, kann ein Tee mit Mädesüßblüten und -blättern helfen. Der Tee verringert außerdem die Magensäure und kann deshalb Sodbrennen lindern. Die jungen, weichen Blätter können zudem erntefrisch als Würzkraut zu Salaten oder Fisch verwendet werden. Spitzenkoch Niels Henkel kombiniert die winzigen Blüten mit Erdbeeren und Frischkäse.

Mädesüß sollte nur in Maßen verwendet werden , da die Salicylate bei übermäßigem Verzehr zu Kopfschmerzen und Übelkeit führen kann. Wie Aspirin wirkt die Pflanze blutverdünnend. Bei Schwangerschaft sollte die Pflanze nicht angewendet werden.

3. Quendel – (Thymus pulegioides)

Der sonnenverwöhnte Quendel durftet auffällig frisch aromatisch, wenn man die Blätter zwischen den Fingern reibt. Der Bodendecker gehört zu den Lippenblütlergewächsen. Eine weitere Bezeichnung ist zudem Feld-Thymian, unter der häufig auch der Sand-Thymian (Thymus serpyllum) zu finden ist. Ab Mai beginnt er kräftig zu blühen (purpurrot bis violett) und produziert reichlich ätherisches Öl mit den Substanzen Thymol und Carvacrol. Er ist in Felsspalten, auf Magerwiesen und -weiden, an Böschungen und Wegrändern zu finden. Dabei liebt er besonders sonnige, trockene Standorte.

Als einer der wenigen Kräuter verträgt der Thymian langes Kochen. 

Würziges Aroma in der Küche

Es können sowohl die Blüten als auch die Blätter und Stängel aller Thymianarten (von Mai bis November) gesammelt werden. Da der Quendel in Bodennähe wächst muss man gut auf Verunreinigungen achten. In der Küche wird er gerne als Gewürz für mediterrane Gerichte und Eintöpfe verwendet. Dabei enthält der Echte Thymian mehr ätherischen Öle als der wilde Bruder. Sein Geschmack ist würzig und etwas bitter. Für Quark, Salatdressings oder Lammfleisch eignet sich beide Arten besonders gut. Der Quendel regt die Verdauung an. Daher eignet er sich auch als Gewürz für schwer verdauliche Gerichte.

Thymian

Starkoch Vitus Winkler & die Hochkönig-Almen

Der Österreichische Hauben-Koch Vitus Winkler, der vom Gault Millau mit vier Hauben gekrönt wurde, und die Betreiber der Kräuteralmen in der Region Hochkönig bieten unterschiedliche Kräutergerichte an. Auf der Speisekarte stehen Gerichte wie Brennnesselknödel mit Schmortomaten, gereiftem Bergkäse und Nussbutter. Jede Alm hat ihr eigenes Gericht. So dreht sich der Dientalm alles um die „Almwiese – Wiesenkräuter & Blüten“.

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4. Schafgarbe (Achillea millefolium)

Das wertvolle Heilkraut blüht von Juni bis Oktober in weiß bis hellviolett. Die Schafgarbe gehört zu den Korbblütern und wächst vor allem in Wiesen, an Bächen und an Weg- und Waldrändern. Dabei gilt sie als besonders robust und widerstandsfähig. Insgesamt wachsen in Deutschland 16 der weltweit 115 Arten. Sie zählt zu den Insektenmagneten und bietet reichlich Nektar und Pollen. 2021 hat der Bund Deutscher Staudengärtner die Schafgarbe zur Staude des Jahres gewählt. Die Schafgarbe besitzt einen aufrechten Stängel. Er ist zäh und innen markhaltig. Die Blätter hingegen sind schmal-lanzettliche und fein gefiedert. Die Blütenköpfchen stehen in einer flachen, doldenartigen Rispe.

Schafgarbe
Durch die krampflindernde und beruhigende Wirkung kann die Pflanze Blähungen, Völlegefühl oder Regelschmerzen lindern.

Pfeffriger Geschmack in der Küche

Schafgarbe

Die zarten Blätter können im Frühling in salzigem Bierteig ausgebacken und als Beigabe gereicht werden. Sie sind eine herbe Zutat zu Blattsalat und geben Soßen eine würzige Note. Ganz besonders köstlich schmecken Schafgarben und Tomaten. Mit ihrem herb-würzigen Duft und kräftig muskat-pfeffrigem bis nussigem Geschmack braucht es nicht einmal Salz dazu. Die Blätter und Blüten können außerdem für Kräutertee verwendet werden. Zusammen mit anderen Wildkräutern, wie etwa Dost, passt Schafgarbe ganz hervorragend zur Aromatisierung von Speiseöl.

Ganz besonders köstlich schmecken Schafgarben und Tomaten.

Schafgarbe weiße Blüten

Starkoch Rezept Nils Henkel

HAFERWURZEL
KALBSBRIES IM BRATENSUD | KRÄUTERPORRIDGE STEINPILZE

Weiterführende Literatur & Quellen

Arzneipflanzen-Ausschuß der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft Berlin-Dahlem. (1917). Schafgarbe. Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts, 25-26.

Apotheken Umschau: Mädesüß https://www.apotheken-umschau.de/medikamente/heilpflanzen/maedesuess-733487.html (Abgerufen 07/2022)

Akbar, S. (2020). Thymus vulgaris L.(Lamiaceae). In Handbook of 200 Medicinal Plants (pp. 1795-1810). Springer, Cham.

Baer, D., Gardón, D., & Peschel, T. (2018). Essbare Wildpflanzen: Erkennen-Sammeln-Genießen. HEEL Verlag.

Corinna Leibig, Storytelling – AUF VEGETARISCHER SCHATZSUCHE PDF https://www.corinnaleibig.de/tl_files/corinna-leibig-storytelling/uploads-storytelling/PDFs/VivArt_Wi_2019-4_02%20(verschoben).pdf (Abgerufen 07/2022)

Riffel, A. (2021). Heilpflanzen für das Immunsystem. In Heilpflanzen der Traditionellen Europäischen Medizin (pp. 359-378). Springer, Berlin, Heidelberg.

Kostbare Natur: Quendel – Wilder Thymian.  https://www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/wilder-thymian/ (Abgerufen 07/2022)

Nils Henkel, Website: https://www.nils-henkel.com (Abgerufen 07/2022)

NDR Ratgeber: Schafgarbe pflanzen https://www.ndr.de/ratgeber/garten/zierpflanzen/Schafgarbe-pflanzen-Schoene-Staude-fuer-trockene-Standorte,schafgarbe108.html (Abgerufen 07/2022)

Naturgucker.de in NABU Pflanzenporträt: Gewöhnlicher Dost, https://nrw.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/zeit-der-schmetterlinge/wissen/schmetterlingspflanzen/22551.html (Abgerufen 07/2022)

Strehlow, W. (2018). Die Hildegard-Heilschätze: Schafgarbe, Veilchen, Galgant, Bertram–4 starke Helfer bei Krankheit, Operation und Rekonvaleszenz. Knaur MensSana eBook.

Stern, C. (2019). Vergessene Schmerzpflanze: Echtes Mädesüß. Zeitschrift für Komplementärmedizin11(02), 44-46.

Zelt Oliver, Welt, 02.04.2019, Brennnesseln aus der Brache um die Ecke für die Sterneküche https://www.welt.de/iconist/essen-und-trinken/article191161775/Sternekoeche-sammeln-und-servieren-jetzt-koestliches-Unkraut.html (Abgerufen 07/2022)

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