Waldbaden hat seinen Ursprung in Asien. In Korea und Japan hat die Erholung im Wald eine jahrzehntelange Tradition. 1982 wurde das Waldbaden in Japan erstmals als staatliches Gesundheitsprogramm eingeführt. Heute ist das Waldbaden sogar eine anerkannte Stress-Management-Methode. Doch was für eine positive Wirkung hat ein Wald auf uns? Und warum?
Es gibt nur wenige Studien über das Waldbaden. Allerdings weisen alle darauf hin, dass ein Spaziergang im Wald Stress reduzieren kann. Der japanische Medizin-Professor Yoshifumi Miyazaki hat sich seit den 1990er-Jahren auf die Wald-Therapie spezialisiert. Er fand unter anderem heraus, dass beim Waldbaden die Stresshormone Adrenalin und Cortisol abnehmen. Laut der US-Amerikanischen Universität Michigan genügen 20 Minuten täglich im Grünen, damit das Herz ruhiger schlägt, der Blutdruck sinkt und nur noch wenige Stresshormone im Blut zirkulieren.
Bereits 2015 fand der US-amerikanische Umweltpsychologe Marc Berman heraus, dass die Anzahl von Bäumen in einer Wohngegend die Gesundheit der Bewohner beeinflusst. Die Bewohner einer baumreichen Siedlung litten seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Warum das so ist, wird noch untersucht. Fest steht aber heute schon, dass der Wald (Fein-)Staub und Gase aus der Luft filtert. Diese Frischluft fördert einen tiefen und erholsamen Schlaf in der Nacht. Die Reduktion hoher Sommertemperaturen und eine Verminderung der ultravioletten Strahlung sind ebenfalls nachgewiesen.
Terpene. Waldluft tut gut
Inzwischen ist auch bekannt, dass botanische Duftstoffe eine positive Wirkung auf uns Menschen haben: die sogenannten Terpene. Die Bäume nutzen diese Duftstoffe u.a. als Kommunikationsmittel untereinander, um zum Beispiel Artgenossen vor gefräßigen Insekten zu warnen. Besonders intensiv ist dieser typische Waldgeruch in einem Nadelwald mit vielen Kiefern, Fichten und Tannen. Forschungsergebnisse zeigen, dass terpenhaltige Luft die Produktion von Immunzellen im Blut steigert. Unter Laborbedingungen haben Terpenoide die Fähigkeit, Krebszellen zu zerstören. Ein Waldbesuch wirkt demnach wie eine gesundheitsfordernde Behandlung. Insbesondere bei Schlafstörungen, depressiven Gedanken, psychischen Belastungen oder der Aufmerksamkeitsstörung kann das Waldbaden eine wohltuende Wirkung haben.
Wer einen Tag im Wald verbringt hat anschließend rund 40 Prozent mehr Killerzellen im Blut, als Vergleichsgruppen. Und dieser Effekt hält etwa eine Woche lang an!
Geo Magazin
Wie funktioniert Waldbaden?
Waldbaden ist das bewusste Erleben des Waldes – mit allen fünf Sinnen. Es geht nicht um Leistung oder ein bestimmtes Programm, dass durchlaufen werden muss. Allein ein Spaziergang lässt die Atmosphäre des Waldes spüren. Gehe bewusst langsam und achte auf die Geräusche um dich herum. Achtsam und absichtslos. Hörst du das Rauschen der Blätter im Wind? Oder das plätschern des Baches? Das Zwitschern der Vögel. Es gibt vieles zu entdecken. Atme tief ein und langsam wieder aus. Ist die Luft kalt oder warm? Bewerte es nicht, lass die Empfindungen einfach zu. Spüre ganz bewusst, wie die Luft ein- und wieder ausströmt. Kannst du das satte Grün in den Blättern sehen? Die Knospen an den Zweigen? Wie ist die Temperatur, die Feuchtigkeit in der Luft? Was spürst du, wenn du über den Waldboden gehst?
Beim Waldbaden geht es darum, sich intensiv – mit allen Sinnen – auf die Natur einzulassen.
Walddüfte & Ihre Wirkung
Baum | Duftwirkung | Anwendung in der Naturheilkunde bei… |
---|---|---|
Fichte | Schärft den Fokus und die Konzentration | Erkältungs- und Muskelbeschwerden |
Kiefer | Ausdauer, Konzentration, Stresslösend | Erkältungsbeschwerden, Schlaf |
Lärche | Stärkt Selbstvertrauen | Pflege kleiner Wunden |
Tanne | Entspannung, Stresslösend | Erkältungsbeschwerden |
Wacholder | Konzentration | Beschwerden der Harnwege und nervöser Anspannung |
Möchtest du mehr darüber erfahren? Europaweit gibt es ausgewiesene Heilwälder und Heilbäder, Heil- und Gesundheitspfade, Regenerations- und Wellnesspfade und Wälder für Achtsamkeitswanderungen.
Waldwissen
Von etwa 1,6 Millionen bekannten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten der Erde leben rund zwei Drittel in Wäldern.
Rund ein Drittel der Gesamtfläche in Deutschland ist mit Wald bedeckt.
Ein Quadratmeter Waldboden speichert bis zu 200 Liter Wasser.
In den letzten Jahren haben die europäischen Wälder stark unter den extremen Klimabedingungen und deren Folgen wie Windwurf, Waldbrand oder Insektenplagen gelitten.
Expertenwissen. Waldbaden mit Claudia Müller
Claudia Müller wurde 1972 in Freising / Deutschland geborgen. Viele Jahre ist sie in der Hektik der Großstadt ihren Beruf als Versicherungskauffrau bei Erst- und Rückversicherungen nachgegangen. Bis ihr Herz, Körper und Verstand, ihr Naturellsie so wachgerüttelt haben, dieser Welt der trockenen Zahlen den Rücken zu kehren und sich voll und ganz der Natur zu widmen. Seit einigen Jahren betreibt sie zusammen mit ihrer Familie einen traditionellen 3D-Bogenschießpark in Hohenkammer bei München in einem 15ha gepachteten Wald. Sie bietet nun in Symbiose zum Bogenpark als zertifizierte Kursleiterin für Waldbaden – Achtsamkeit im Wald Ihre Leidenschaft, ihr Wissen über und für den Wald in Kursen, Vorträgen, Workshops, Dozentin etc. an. Div. Weiter- und Fortbildungen folgten mit Schwerpunkten wie Waldbaden für Menschen mit Demenz, Natur & Achtsamkeitstrainerin und ganz neu als zertifizierte Waldführerin an Peter Wohllebens Waldakademie. Auf www.waldbaden-bayern.com kann man mehr über ihre Arbeit erfahren.
Fragen an Claudia zur Ihrer Arbeit vor Ort:
Du hast eine Ausbildung zur Kursleiterin für „Waldbaden – Achtsamkeit im Wald“ bei der Deutschen Akademie für Waldbaden und Gesundheit abgeschlossen. Was hat dich dazu bewogen, Waldbademeisterin zu werden?
Ja, dazu kam ich über Umwege und auch eigentlich recht zufällig. Ich habe einen richtigen Hamsterrad Job, wie so viele von uns, bin jeden Tag mit der S-Bahn Richtung München Innenstadt gedüst und irgendwann kam so der Punkt, an dem ich mich gefragt habe: Hey, möchtest Du das bis zum Rentenbeginn weitermachen, einen knochentrockenen Zahlenjob? Was mach ich eigentlich bzw. was kommt denn am Ende des Tages dabei raus, welcher Mehrwert? Da fing es schon an zu brodeln. Der entscheidende Impuls war dann, als mein Mann sich seinen Traum erfüllte, seinen eigenen Bogenschießpark im Wald von Hohenkammer zu erfüllen. Wir beide bauten diesen Traum auf und da merkte ich von Tag zu Tag immer mehr, obwohl ich immer schon gern und viel in der Natur unterwegs war, ob als Kind/Jugendliche mit meinen Bruder im Münchner Perlacher Forst, oder in den Bergen beim wandern oder skifahren, dass dieser spezielle Ort Wald was besonderes ist. Mit dem Glück, dass wir dort 15ha Wald pachten konnten, habe ich schlussendlich entschieden, das alte Leben über Bord zu werfen und voll und ganz mich dem Wald zu verschreiben. Klar, hatte ich Zweifel und Bedenken, 2 Kinder, die vermeintliche Sicherheit aufgeben – aber spätestens seit Corona wissen wir, dass es keine Sicherheit gibt. Egal, dachte ich mir, denn was ich damals, 2018 schon wusste: was man nicht mehr möchte, ist bereits die halbe Miete. Gesagt getan! Aber ich wollte auch etwas mehr, als nur „Bogenschießen im Wald“ mit meinem Mann den Menschen nahebringen. Ich habe mir gedacht, da gibt es doch noch mehr, etwas was man miteinander verbinden kann. Mehr oder weniger bin ich dann per Zufall auf Waldbaden gestoßen. Zu diesem Zeitpunkt war das etwas völlig neues. Ich begann mich hinzusetzen, habe gefühlt das ganze Internet zu der Zeit leer gelesen und bin dann auf die Deutsche Akademie für Waldbaden und Gesundheit gestoßen. Das Konzept der Ausbildung hat mich überzeugt und habe dann meine Ausbildung dort als Kursleiterin für Waldbaden begonnen. Seit dieser Zeit hat sich viel getan, das Fernsehen wurde auf mich aufmerksam, das Bay. Fernsehen, sogar RTL begleitete mich in den Wald und derzeit absolviere ich bis Mitte Mai 2022 die Waldführer Ausbildung an Peter Wohllebens Waldakademie.
Wie muss man sich ein „Waldbad“ mit dir im Forst Hohenkammer (in der Nähe von München) vorstellen?
Zunächst begrüße ich die Teilnehmer am vereinbarten Treffpunkt und erzähle ein wenig über meine Person und das Waldbaden an sich, woher es kommt etc. Wir bewegen uns dann auf 2-3 km unterschiedlichen Waldboden-Terrain, lernen den Wald in verschiedenen Facetten kennen, mal auf befestigten Wegen, mal querwaldein und erfahren durch achtsame Atem- und Qigong-Übungen am Anfang, wesentliche Inhalte der einzelnen Sinne, wie das gezielte riechen, lauschen, sehen und fühlen…währenddessen erfahren die Teilnehmer sehr kurzweilig viel über den Mikroorganismus Wald und deren Bewohner, das sog. woodwideweb und tauchen ganz entspannt in eine wohltuende Atmosphäre ab.
Wie bringst du deine Kursteilnehmer dazu, während des Spaziergangs mit allen Sinnen in den Wald einzutauchen?
Ganz einfach, in dem ich ganz kurzweilig unsere Hauptsinne mit kurzweiligen Übungen aktiviere. Der Raum Wald bietet so viel interessantes, informatives. Wusstest Du, dass in einer Handvoll Waldboden-Erde mehr Lebewesen sind, als Menschen auf der Erde sind? Solche und noch mehr faszinierende Phänomene und Sinneserfahrungen werden die Teilnehmer erfahren.
Wann wirkt sich das Waldbaden positiv auf unseren Körper aus? Wie lange muss man Waldbaden?
Allein schon ein Aufenthalt von 2 Stunden bewirkt, dass das Stresshormon Cortisol enorm runtergefahren und zeitgleich der Parasympathikus, sprich der Ruhepol, aktiviert wird. Unser natürlichen Killerzellen, die NK-Zellen werden so aktiviert, dass sie auf potenzielle Krankheitserreger, wie Krebs, Grippeviren etc. so wirken, dass sie quasi Angst bekommen. Allein bei einem Waldaufenthalt von 2,5 Stunden in der Woche, steigern sich die NK-Zellen auf bis zu 40% durchschnittlich. Dieser Effekt hält bis zu einer Woche an. Und wenn man im Monat mind. 2-3x in den Wald für mind. 2 Stunden geht, wird dieser Effekt auf 1 Monat erweitert. Seit dem wir den Bogenpark eröffnet haben und ich für mind. 5x die Woche im Wald bin, bin ich nicht mehr so richtig krank geworden. Darüber hinaus fördert es den Schlaf, die Konzentrationsfähigkeit.. und hat sogar einen Antiaging-Effekt. Denn, in der Nebenniere wird ein Hormon gebildet, das DHEA, das zur Zellerneuerung und zur Herzstärkung dient und somit positiv auf unser Hautbild wirkt. Also, nichts wie raus in den Wald!
Du hast Lust auf eine Waldführung bekommen? Auf www.waldbaden-bayern.com kannst du dich direkt für einen Kurs vor Ort anmelden.
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Der mystische Alatsee
Der wild-romantische Landstrich ist ein beliebtes Ausflugsziel für Erholungsuchende, Wanderer und Naturliebhaber. Vom befestigten Parkplatz führt eine gemütliche Ufertour (ca. 1,5 km) direkt um den kristallklaren See herum (kinderwagentauglich). Immer wieder laden ruhige Plätze zum Verweilen ein. Hier findest du viele tolle Wanderwege, die zum Waldbaden in völliger Ruhe einladen.
Waldbaden am Thiersee
Nur einen Handwurf von der Deutschen Grenze befindet sich in Tirol der kristallklare Thiersee. Im Sommer zieht er vor allem Badegäste und Wassersportler an. Gäste mit der KufsteinerlandCard können kostenlos an einem achtsamen Waldbaden des Kuftsteiner Tourismusverband teilnehmen.
Literatur & Quellen:
AOK Gesundheitsmagazin; Waldbaden: Urlaub für die Seele https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/entspannung/waldbaden-ueber-die-medizin-des-waldes/ (Abgerufen 12/2021)
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Die Zeit Online; (2018) Waldbaden: Die Natur lenkt von Beschwerden und Schmerzen ab https://www.zeit.de/zeit-wissen/2018/03/waldbaden-natur-heilung-gesundheit-japan/seite-3?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com (Abgerufen 12/2021)
Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH; Pharmazeutische Zeitung; (09.04.2019) Neue Studie: Schon 20 Minuten im Grünen senken das Stresslevel, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/schon-20-minuten-im-gruenen-senken-das-stresslevel/ (Abgerufen 12/2021)
Nippon Medical School: Forest Medicine https://www.nms.ac.jp/college/english/research/topics/topics02.html (Abgerufen 12/2021)
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Sallmannshofer, M.; Marusakova, L.; Schmechel, D. (2020): Bericht von FOREST EUROPE: Menschliche Gesundheit und Nachhaltige Forstwirtschaft. waldwissen.net
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Yu, C. P., Chen, H. T., Chao, P. H., Yin, J., & Tsai, M. J. (2021). The Role of Social Context in Physiological and Psychological Restoration in a Forest: Case Study of a Guided Forest Therapy Program in Taiwan. International Journal of Environmental Research and Public Health